GEMÄLDE / AQUARELLE / ZEICHNUNGEN

Rainer Behrends

Text aus Galerieblätter Nr.28 Kulturbund der DDR/Fachkommission Kunst u. Literatur, 1983

Häufig beschreibt er in seinen Zeichnungen und Gemälden Erinnerungen. Personen erscheinen dabei in kastenartigen Räumen, Bühnen ähnlich mit dunklen Vordergründen und hellen Prospekten auf der Hinterbühne, die Fenstern gleichen. Mitunter ist der Raum nur von geringer Tiefe, alles ist noch nah. So in den Zeichnungen „Erinnerungen an meinen Vater" und „Requiem für Hans Schulze", dessen Bildnis auf einem Zeichenblatt erscheint, während das Atelier leer ist. Erinnerungsbilder zeigen auch das Atelier und in ihm befindliche Werke des Plastikers Volkmar Kühn. Verhüllte Figuren führen ein geheimnisvolles Leben und ziehen die suchenden Blicke auf sich. Uber sie hinweg gleitet das Auge in die Landschaft um das ehemalige Kloster Mildenfurth.

Noch immer wirkt es beherrschend, obgleich selbst Ruine und langsam dem Vergessen anheimfallend. Die Schöpfungen des Bildhauers mögen verhüllt sein, weil er an den Tonmodellen weiterarbeiten will oder um vollendete Werke nicht zu Hemmnissen für die Phantasie des Künstlers werden zu lassen. Die Verhüllung entzieht sie auf jeden Fall dem Zugriff des Auges, schränkt ihre Körperlichkeit ein, regt die Vorstellungskraft des Betrachters an und es entsteht geheimnisvolle Zwiesprache.

Roland Richter arbeitet häufig auch mit dem Bild im Bilde. So auch bei seinem „Großen Selbstbildnis", das in einer Palette brauner, roter und grauer Töne in halber Tiefe eines leeren Raumes eine Bildtafel zeigt mit einem Gewimmel maskierter Gestalten. Eine fahle Figur am linken Bildrand spielt zum Tanz auf. Ist es der Tod, erblicken wir einen irrsinnigen Wirbel Todgeweihter in einem Bunker? Vor diesem Bilde steht eine Staffelei. Auf ihr ein Spiegel, darangelehnt eine Palette. Oben an der Halterung ist ein Foto angezweckt, das Erinnerungen an die Luftschutzräume des 2. Weltkrieges weckt. Skeptisch, forschend und nachdenklich schaut aus dem zerbrochenen Spiegelglas der Künstler heraus. Vergangenheit und Gegenwart in einem Bilde, dessen eigentliches Thema die Zukunft ist, die dunkel scheinen mag und voller Bedrohung, wenn es nicht gelingt, jenen Totentanz zu beenden.

Solch ein Bild mahnender Erinnerung ist auch die „Landschaft mit drei Bäumen". Der Titel und das Bild selbst zitieren Rembrandts meisterliche Radierung aus dem Jahre 1643. Sie ist an den mittleren der Baumleichname geheftet und weckt die Erinnerung an eine Landschaft voll prallen Lebens, die in hellem Licht erstrahlt, nachdem die dunklen Wolken eines schweren Gewitters vorübergezogen sind. Gegenwart aber sind die drei Baumstümpfe, stehend am Rande einer Autostraße und einer bereits zugeschütteten Kohlengrube. Baggerungetüm und Industrieanlagen im Hintergrund und Uberlandleitungen deuten an, warum diese Landschaft verwüstet werden musste, über die ein verhangener Himmel fahles Licht ausgießt. Die Schlagschatten der Bäume lassen ahnen, daß die Sonne durchbrechen wird und auch diese Landschaft eine Zukunft hat. Den nachdenklich machenden Gemälden und Zeichnungen stehen im Werke Roland Richters Aquarelle gegenüber, in denen er äußerst empfindsam Natureindrücke gestaltet.